Verstoß gegen Genehmigungspflicht
Ein Architekt, Mitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, hatte als verantwortlicher Bauleiter den Dachstuhl eines Gebäudes zu ungefähr 50 bis 60 Prozent beseitigen und neu errichten lassen, ohne hierfür die erforderliche bauaufsichtliche Genehmigung besessen zu haben. Eine anschließend beantragte Nachtragsgenehmigung wurde durch die Behörde erteilt. Das zuständige Bauordnungsamt hatte das Verhalten des Architekten durch einen Bußgeldbescheid mit einem Bußgeld in Höhe von 2490 Euro geahndet.
Ein Architekt, Mitglied der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, hatte als verantwortlicher Bauleiter den Dachstuhl eines Gebäudes zu ungefähr 50 bis 60 Prozent beseitigen und neu
errichten lassen, ohne hierfür die erforderliche bauaufsichtliche Genehmigung besessen zu haben. Eine anschließend beantragte Nachtragsgenehmigung wurde durch die Behörde erteilt. Das zuständige Bauordnungsamt hatte das Verhalten des Architekten durch einen Bußgeldbescheid mit einem Bußgeld in Höhe von 2490 Euro geahndet. Hiervon wurde die Kammer durch die Bauaufsicht informiert.
Wie ist dies berufsrechtlich zu bewerten? Ist neben der bereits erfolgten ordnungsbehördlichen Sanktion noch eine berufsrechtliche Ahndung möglich und zulässig?
Kammermitglieder unterliegen der Berufsaufsicht der Architektenkammer NRW. Diese überwacht die Erfüllung der beruflichen Pflichten ihrer Mitglieder. Kammermitglieder sind gemäß § 33 Abs. 1 BauKaG
NRW (§ 22 Abs. 1 BauKaG NRWa.F.) verpflichtet, ihren Beruf gewissenhaft und unter Beachtung des Rechts auszuüben. Hierzu gehört auch die Pflicht, die geltenden Vorschriften der Bauordnung NRW(BauO NRW) einzuhalten. Die Architektenkammer NRW hat eine berufsrechtliche Untersuchung gegen das betreffende Mitglied eingeleitet und nachdessen Anhörung beim Berufsgericht die Eröffnung eines berufsgerichtlichen Verfahrens beantragt. Das Berufsgericht sieht in dem Verhalten des beschuldigten Mitglieds eine schuldhafte Verletzung von Berufspflichten und erteilt dem Mitglied mit Beschluss vom 19.05.2022 wegen Verletzung der beruflichen Pflicht aus § 22 Abs. 1 BauKaG NRW (a.F.) i.V.m § 86 Abs. 1 Nr. 13 BauO NRW einen Verweis und verhängt eine Geldbuße in Höhe von 100 Euro (AZ 32 K1115/22.S).
Das Gericht hat in seiner Entscheidungsbegründung Ausführungen zum Vorliegen eines „berufsrechtlichen Überhangs“, also dem Bedürfnis für eine zusätzliche berufsrechtliche Disziplinierung neben der er-
folgten ordnungsbehördlichen Sanktion, gemacht. Ein „berufsrechtlicher Überhang“ sei immer anzunehmen, „wenn neben der grundsätzlich ausreichenden straf- oder ordnungsrechtlichen Sanktion eine berufsrechtliche Ahndung erforderlich erscheint.Bei der Beurteilung dieser Frage sind alle Umstände des jeweiligen Einzelfalls in den Blick zu nehmen. Hierzu gehören auch, aber nicht nur, die Schwere der Tat, die Einsicht des Beschuldigten in sein Fehlverhalten, sein Verhalten in der Zwischenzeit und die sich daraus ergebende Prognose hinsichtlich seines künftigen berufsrechtmäßigen Verhaltens, und schließlich das Erfordernis, einer etwaigen Minderung des Ansehens des Berufsstandes entgegenzuwirken oder verlorenes Vertrauen der Öffentlichkeit in den Berufsstand wiederherzustellen. Auch ist zu berücksichtigen, inwieweit die Tat den Kernbereich der Berufstätigkeit betraf, und ob eine Ahndung aus generalpräventiven Erwägungen erforderlich ist.“
Das Berufsgericht stellt damit klar, dass die Beachtung des formellen Baurechts eine grundlegende Pflicht für Architekten darstellt und der Kernbereich der Tätigkeit von Architekten betroffen ist, zumal ansonsten die in § 86 Abs. 4 Satz 2 BauO NRW eingeführte „Meldepflicht“ der Ordnungsbehörde an die Kammer leer laufen würde. Zudem hat das Berufsgericht festgestellt, dass die Pflichtverletzung geeignet ist, eine Minderung des Ansehens der Architekten in der Öffentlichkeit zu bewirken. Hinsichtlich der konkreten Höhe der festgelegten Geldbuße hat das Gericht die monatlichen Einkünfte des Beschuldigten von weniger als 1600 Euro und die weiterhin für den Beschuldigten sprechenden entlastenden Erwägungen (Erteilung einer Nachtragsbaugenehmigung, Ersttäter, Geständigkeit) mildernd berücksichtigt.
Praxisempfehlung
Die Entscheidung zeigt, dass die Einhaltung des Baurechts eine ernstzunehmende Pflicht für Architektinnen und Architekten darstellt und Verstöße entsprechend vom Berufsgericht sanktioniert werden. Das Berufsgericht stärkt zudem die Stellung der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen in ihrer gesetzlichen Aufgabe der Überwachung der Berufspflichten ihrer Mitglieder.
Teilen via