Vertragsstrafe bei mangelhafter Fertigstellung der Bauleistung
Architekt A wendet sich an die Architektenkammer und bittet um Rechtsauskunft zu folgendem Problem:
„Mein Bauherr hat einen Bauvertrag mit einem Bauunternehmer geschlossen. Dieser soll eine Auffahrt in einem Parkhaus sanieren. Im Bauvertrag wurde eine Vertragsstrafenregelung getroffen. Diese lautet wie folgt: ‚Bei Nichteinhaltung des Arbeitsfertigstellungstermins zum 20.10.2007 wird eine Vertragsstrafe von 0,1 % pro Arbeitstag festgesetzt, maximal 5 % der Auftragssumme.’ Zum Fertigstellungstermin war die Auffahrt zwar für Kraftfahrzeuge nutzbar, sie war jedoch noch mit einigen Mängeln behaftet. Ist der Bauherr berechtigt, die Vertragsstrafe geltend zu machen?“
Nein; da die Auffahrt bereits von Kraftfahrzeugen befahren werden konnte, waren die Mängel nicht so schwerwiegend, dass von einer „Nichtfertigstellung“ gesprochen werden kann. Vielmehr handelt es sich um eine mangelhafte Fertigstellung, die die Vertragsstrafe nicht auslöst. Das OLG München führt im Urteil vom 21.03.2006 (Az. 13 U 5102/05) in einem ähnlich gelagerten Fall aus:„Sinn der Vertragsstrafe ist es, den Auftragnehmer so unter Druck zu setzen, dass der dem Auftraggeber vorschwebende Termin der Ingebrauchnahme eingehalten wird und der Auftraggeber die Höhe eines Verzugsschadens nicht nachweisen muss. Es kann aber nicht Sinn einer Vertragsstrafe sein, den Auftragnehmer zur schnellstmöglichen Mängelbeseitigung anzuhalten. Denn der Auftraggeber ist bereits dadurch geschützt, dass er von der Schlussrechnung auch nach Fertigstellung einen Abzug einschließlich eines angemessenen Druckzuschlags machen darf, während bei fehlender Fertigstellung oder nicht einmal begonnener Bausausführung für den Fall, dass noch keine Zahlung oder nur Zahlung nach Baufortschritt geleistet wurde, kein allzu großer Druck ausgeübt werden könnte.“
Praxisempfehlung:
Regelungen zur Vertragsstrafe finden sich sehr häufig in Bauvertragsformularen. Für deren Wirksamkeit ist insbesondere darauf zu achten, dass
- sie eine angemessene Begrenzung nach oben enthalten, die den Teil der Auftragsumme überschaubar macht, der durch die Vertragsstrafe in Wegfall kommen könnte (z. B. 5 % der Auftragssumme)
- sie eine vertretbare Höhe der Vertragsstrafe je Zeiteinheit beinhaltet (z. B. 0,1 % je Arbeitstag)
- die Abhängigkeit der Vertragsstrafe vom Verschulden des Auftragnehmers deutlich gemacht wird.
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