Wirksamkeit von Honorarvereinbarungen für Leistungen im Rahmen eines Stufenvertrages

11. November 2009von di, 11.11.2009

Architekt A wendet sich mit folgendem Problem an die AKNW:

„Ein öffentlicher Auftraggeber hat mit mir im Jahr 2008 einen Stufenvertrag über die Leistungsphasen 1 bis 8 mit entsprechen-der Honorarvereinbarung abgeschlossen. Die Leistungsphasen 1 bis 5 sind bereits vollständig erbracht und nach der Honorarvereinbarung auf der Grundlage der alten HOAI in der Fassung von 1991 abgerechnet. Nunmehr beabsichtigt der öffentliche Bauherr, weitere Leistungsphasen abzurufen. Er will jetzt wissen, ob für die noch nicht gesondert beauftragten Stufen mit weiteren Leistungsphasen die bisherige Honorarordnung und die Honorarvereinba-rung weiter gelten. Wie ist die Rechtslage?“


Die Rechtslage wird zurzeit in Bezug auf Stufenverträge in der Literatur sehr kontrovers diskutiert. Einigkeit besteht nur, dass jeder Fall einzeln zu bewerten ist.

Bei einem typischen Fall eines Stufenvertrages werden die ersten Stufen, z. B. die Leistungsphasen 1 bis 4, verbindlich beauftragt, nicht allerdings die späteren Stufen mit weiteren Leistungsphasen. Der Auftragnehmer muss sich jedoch bereits einseitig verpflichten, im Falle einer weiteren Beauftragung zur Verfügung zu stehen.

Charakteristisch ist also, dass der Auftraggeber die weiteren Leistungen beauftragen kann, aber nicht muss; der Auftragnehmer hingegen keinen Anspruch auf weitere Beauftragung hat, die Leistungen aber ausführen muss, wenn sie abgerufen werden.

Das „Abrufen" weiterer Leistungen ist juristisch als „Bedingung" zu betrachten, bei deren Eintritt der Werkvertrag auch für die weiteren abzurufenden Leistungsphasen zustande kommt. Da der Vertrag für die noch abzurufenden Leistungsphasen aber erst zu diesem Zeitpunkt wirksam wird (und nicht etwa rückwirkend), gilt nach § 55 HOAI für diese Leistungen das neue Recht.
 
Einige Autoren, u. a. auch das Bundeswirtschaftsministerium, meinen, dass nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27.11.2008 (AZ VII ZR 211/07) bei einer stufenweisen Beauftragung das alte Honorarrecht weiter gilt. Diese Auffassung wird aber durch das BGH Urteil keineswegs gestützt. Das Urteil besagt lediglich, dass die schriftliche Honorarvereinbarung bei Auftragserteilung einheitlich für alle Leis-tungsphasen rechtzeitig bei bzw. vor Auftragserteilung zustande gekommen ist. Die vorab getroffene Honorarvereinbarung wird mit der vertraglichen Vereinbarung über die auszuführenden Leistungen wirksam und ist deshalb „bei Auftragserteilung“ im Sinne des § 4 Abs. 1 HOAI alte Fassung bzw. § 7 Abs. 1 HOAI neue Fassung getroffen. Ob altes oder neues Honorarrecht angewendet werden muss, wird vom BGH nicht entschieden.

Danach gilt bei Ihrem Stufenvertrag für die vorab auf der Grundlage der alten HOAI bereits abgerufenen Leistungen die alte HOAI. Für die nach dem 18. August 2009 noch zu beauftragenden Leistungen gelten hingegen die Honorarsätze nach der neuen HOAI.

Aufgrund der unterschiedlichen Meinungen in der Literatur wird erst eine gerichtliche Auseinandersetzung eine abschließende Klärung bringen.

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