Berufskammern in Deutschland: „Mehrwert für die Gesellschaft“
Im Rahmen der Vertreterversammlung der AKNW am 23. September in Gelsenkirchen hielt Professor Winfried Kluth vom Institut für Kammerrecht der Universität Halle einen Vortrag zum Thema „Kammern in Deutschland – Mehrwert für Mitglieder, Verbraucher und Staat“. Nach einleitenden Ausführungen zu den Grundlagen des Kammerwesens in Deutschland definierte Kluth den Auftrag der freiberuflichen Kammern. Dieser bestehe in erster Linie in der Selbstverwaltung und Interessenvertretung des Berufsstandes.
Kluth stellte anschließend den Mehrwert der Berufskammern für das Gemeinwesen in den Fokus seiner Betrachtungen. Dieser Mehrwert manifestiere sich auf mehreren Gesellschaftsebenen:
- Für die Mitglieder liege dieser in der Vielzahl von Dienstleistungen, die von den Kammern erbracht werden.
- Mehrwert für die Verbraucher würden die Berufskammern durch Selbstnormierung, in Form von Berufsaufsicht und Qualitätssicherung, beispielsweise durch Maßnahmen zur Fort- und Weiterbildung, erbringen.
- Ein gesellschaftlicher Mehrwert ergebe sich darüber hinaus aus der staatsentlastenden Funktion beruflicher Selbstverwaltung, durch die Übernahme hoheitlicher Aufgaben. Das ehrenamtliche Engagement spiele hier eine wichtige Rolle, weil es dem Staat ermögliche, finanzielle und personelle Ressourcen einzusparen.
In seinem Vortrag sprach Kluth auch den Aspekt der Pflichtmitgliedschaft an. Kritik an diesem Organisationsprinzip entkräftete er mit dem anschaulichen Beispiel des Bürgers einer Kommune, der mit der Wohnsitznahme ebenfalls konkrete Verpflichtungen eingehe. Nicht anders verhalte es sich bei der Kammermitgliedschaft. Hieraus würden sich für die Mitglieder jedoch nicht nur Pflichten ergeben. Die Mitgliedschaft begründe zugleich Partizipationsrechte, die allen Kammermitgliedern die demokratische Teilhabe an internen Meinungsbildungsprozessen und Entscheidungen erlaube. Ihren unmittelbaren Ausdruck fänden diese Mitwirkungsrechte in den Wahlen zum Architektenparlament.
Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes und die Angriffe der EU-Kommission auf Preisrechtsverordnungen regte Kluth an, die Besonderheit des Architektenberufes verstärkt zu kommunizieren. Er stellte in diesem Zusammenhang die soziale Verantwortung von Architektinnen und Architekten und deren Gemeinwohlverpflichtung bei der Berufsausübung heraus.
Prof. Kluth erläuterte abschließend, dass das deutsche Kammermodell sowohl verfassungsrechtlich, als auch europarechtlich abgesichert sei. Wichtig sei aber eine regelmäßige Aufgabenkritik und – sofern erforderlich – die Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen.
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