Energieausweise müssen Eigentümern und Mietern zuverlässige Orientierung bieten
Die Energieeinsparverordnung (EnEV) liegt nach langen Vorbereitungen jetzt als Referentenentwurf vor. Demnach soll der „Gebäudeausweis“ ab 2008 sukzessive eingeführt und zur Pflichtaufgabe für Eigentümer werden, wenn sie ihre Immobilie verkaufen oder vermieten. „Wir begrüßen grundsätzlich alle Anreize zur energetischen Verbesserung von Gebäuden“, erklärte der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, Hartmut Miksch, in Düsseldorf. Wichtig sei, dass der Energieausweis Eigentümern und Mietern auch tatsächlich als Orientierungs- und Entscheidungshilfe dienen könne. Im Entwurf zur neuen Energieeinsparverordnung seien jedoch einige Punkte noch nicht in befriedigender Weise gelöst.
Die Einführung der Gebäude-Energieausweise stellt aus Sicht der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen für deutsche Immobilienbesitzer eine Chance dar, den Gebäudebestand zukunftsfähig aufzuwerten. „Wohnungen mit schlechten Energieverbrauchswerten werden künftig nicht mehr so gut zu vermieten sein wie Wohnungen, die energetisch optimiert wurden“, glaubt Hartmut Miksch. Damit werde auf Investoren und Eigentümer ein sanfter Druck ausgeübt, ihre Bestandsimmobilien zu sanieren und aufzuwerten. Miksch: „Davon profitieren alle Beteiligten: Die Mieter, weil die Nebenkosten sinken; die Vermieter, weil sie ihre Wohnungen gut vermieten können; und die Gesellschaft insgesamt, weil die Umwelt entlastet wird und zugleich die bauliche Qualität unserer Städte und Gemeinden steigt.“
Der Entwurf der neuen Energieeinsparverordnung muss allerdings in einigen Punkten nach Auffassung der Architektenkammer noch optimiert werden. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen fordert deshalb die Landesregierung NRW dazu auf, über ihre Stellungnahme im Bundesrat auf die Klärung folgender Fragen zu drängen:
Bedarfsorientierter Energieausweis
Bedarf oder Verbrauch? - Der Entwurf sieht für bestimmte Gebäudetypen eine Wahlmöglichkeit vor: Für Bestandsgebäude sowie für Nichtwohngebäude können Energieausweise sowohl auf Grundlage des ingenieurmäßig berechneten Energiebedarfs als auch auf der Grundlage des gemessenen Energieverbrauchs des aktuellen Nutzers erstellt werden. Eine Ausnahme gilt nur für Wohngebäude mit weniger als fünf Wohnungen, für die ein Bauantrag vor dem 01.11.1977 gestellt wurde. Hier soll nur der Bedarfsausweis zulässig sein.
Die Architektenkammer NRW spricht sich für den bedarfsorientierten Energieausweis für alle Gebäude aus. „Nur der bedarfsorientierte Energieausweis stellt die Vergleichbarkeit zwischen den einzelnen Gebäude- und Nutzungstypen her“, betont Kammerpräsident Miksch. „Die Vergleichbarkeit der Ausweise untereinander ist aber aus Gründen des Verbraucherschutzes unbedingt erforderlich!“ Der bedarfsorientierte Energieausweis biete außerdem eine solide Grundlage, um gebäudebezogene und damit effektive Modernisierungsempfehlungen abzugeben.
Wer darf Energieausweise ausstellen?
Nur ein aussagekräftiger Energieausweis wird dauerhaft am Markt Akzeptanz erfahren, betont die Architektenkammer. Aus diesem Grund ist es nach Auffassung der nordrhein-westfälischen Architektenschaft unverzichtbar, dass nur nachweislich qualifizierte Personen, die ein Bauwerk umfassend als energetische Einheit analysieren und beurteilen können, zur Ausstellung des Gebäudeausweises berechtigt sind. „Wir denken, dass solche Fachleute Energieausweise ausstellen sollten, die nach Landesrecht bauvorlageberechtigt sind oder die für die Aufstellung oder Prüfung energetischer Nachweise berechtigt sind“, erläutert Hartmut Miksch.
Der Entwurf zur neuen Energieeinsparverordnung sieht allerdings bislang keine Regelung für staatlich anerkannte Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz vor. Dieser besondere, in der nordrhein-westfälischen Bauordnung verankerte Personenkreis müsse aber berücksichtigt werden, fordert die Architektenkammer NRW. Auch Innenarchitektinnen und Innenarchitekten müssen nach Auffassung der Architektenkammer NRW insgesamt zum Kreis der Ausstellungsberechtigten gehören. „Das Studium der Innenarchitektur ist ein Ingenieurstudium und hat einen deutlichen Schwerpunkt in der Konstruktion und der Technik von Gebäuden“, betont der Präsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen.
Transparenz und Überschaubarkeit bei Berechnungsverfahren erhalten
Unbefriedigend gelöst ist in dem Entwurf zur EnEV auch noch die Frage, wie die energetischen Eigenschaften eines Gebäudes berechnet werden sollen. In der EnEV sind mehrere Berechnungsmethoden vorgesehen. So wird mit der neuen DIN V 18599 für Nichtwohngebäude ein nicht praxiserprobtes, hochkomplexes, wissenschaftliches Verfahren eingeführt, andererseits aber mit der verbrauchorientierten Berechnungsmethode für den Wohnungsbestand ein sehr niedriges fachliches Niveau verankert. Transparenz und Überschaubarkeit werden damit nach Auffassung der Architektenkammer unnötig eingeschränkt. „Die Komplexität der Energieeinsparverordnung hat sich in unvertretbarem Maße gesteigert und führt zu einem schwer nachvollziehbarem, wenig transparenten und fehleranfälligen Verordnungswerk", bedauert der Präsident der Architektenkammer NRW die beabsichtigte methodische Entwicklung der Verordnung.
Da mit den vorgesehenen Berechnungsmethoden unterschiedliche Ergebnisse erzielt würden, sei ein einheitliches Niveau nicht erreichbar - und damit eine Vergleichbarkeit der Energieausweise nicht gegeben. Gerade das Vornormen-Werk der DIN V 18599 gehe in seinen Anforderungen weit über den Ansatz der europäischen Gebäuderichtlinie hinaus. Der im Entwurf vorgesehene hohe Grad an Detailliertheit und Differenziertheit der erforderlichen Eingabegrößen stehe in keinem sinnvollen Verhältnis zum Nachweis-Aufwand. Hier fordert die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen ein praxistaugliches und überschaubares Rechenverfahren.
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