Stiftung Deutscher Architekten – Ergebnisse des Entwurfsseminars 2007

Ideen für den Erlebnisraum Römerstraße Köln-Trier

Feste Straßen sind eine römische Erfindung. Bis heute ziehen sich in römischer Zeit erbau-te Routen über tausende Kilometer fast geradlinig kreuz und quer durch Europa. Eine der wichtigsten Verbindungstrassen der Römer von Köln nach Trier verlief durch das heutige südwestliche Nordrhein-Westfalen - ist aber gegenwärtig in der Regel nicht mehr wahrnehmbar oder bekannt. In einem Entwurfsseminar der Stiftung Deutscher Architekten im Kontext der Regionale 2010 befassten sich vom 26. bis 28. Oktober junge Nachwuchs-Architekten mit der Frage, wie das kulturelle Erbe „Römerroute“ neu erfahrbar gemacht werden kann. Als Beispiel diente der Streckenverlauf auf dem Gebiet der Stadt Zülpich.

05. November 2007von Vera Anton-Lappeneit

Die ehemalige römische Staatsstraße von Köln nach Trier wird nach ihrem Erbauer, dem Oberbefehlshaber und Statthalter Roms am Rhein, Marcus Vipsanius Agrippa (63 – 12 v. Chr.), seit kurzem „Agrippa Straße“ genannt. Im Rahmen der Regionale 2010 soll das herausragende Zeugnis regionaler und überregionaler Geschichte als interkommunales Projekt in ihrem Landschaft prägenden Charakter wieder gefasst, dargestellt und zu einem einzigartigen Erlebnisraum mit angrenzenden Zeitfenstern gestaltet werden.

Mit dieser Aufgabe befassten sich 25 Nachwuchs-Architektinnen und -Architekten, Innenarchitekten sowie junge Landschaftsarchitekten und Stadtplaner drei Tage lang im Rahmen eines Entwurfsseminars der Stiftung Deutscher Architekten. Unter dem Motto „Neue Ideen für alte Wege“ entwickelten die Hochschulabsolventen und Berufsstarter Lösungsvorschläge zu der Aufgabe, die Römerstraße am Beispiel der Stadt Zülpich neu in Wert und in Szene zu setzen. Die jungen Planerinnen und Planer arbeiteten in vier Gruppen, die jeweils von erfahrenen Berufskollegen geleitet wurden. Die besondere Herausforderung lag darin, das für den fachlich nicht Vorgebildeten oftmals nicht sichtbare durch bewusste Gestaltung von Stadt- und Landschaftsraum sichtbar zu machen. Dabei ging es nicht darum, das Bodendenkmal „Römerstraße“ auszugraben oder wieder herzustellen. Vielmehr sollten Lösungen gesucht werden, die den charakteristischen Verlauf und die historische Bedeutung des Landschaftselementes Römerstraße durch gestalterische Maßnahen in zeitgemäßer Art wieder nachvollziehbar zu machen, ohne das Bodendenkmal zu gefährden.In einem Punkt waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Workshops rasch einig: Die lineare Trassenführung der Römerstraße als markantes Element der Kulturlandschaft sollte in seiner Gesamtheit wieder sichtbar gemacht werden. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Erscheinungsformen der heutigen Agrippa-Straße (als Straße, Feldweg oder eben nicht mehr sichtbar) entwickelten die Planerinnen und Planer vier unterschiedliche Konzepte und Vorschläge:

Zeitreise

Die Römerstraße als Zeitzeichen für die Geschichte Zülpichs. Vor dem Bild der Straße als Linie und Bewegung und dem Bild des Ortes als Punkt und Ruhe wurde ein Konzept entwickelt, durch das markante Zülpicher Orte wie der Zülpichsee oder die Zementfabrik genutzt werden, um die Attraktivität und das wirtschaftliche Potential der Stadt zu beleben. Eine neu angelegte Insel auf dem Zülpichsee steht - in Verbindung mit den historischen Thermen - für das Potential der Ruhe und Entspannung. Am gegenüberliegenden Ende der Römerstraße soll mit der neu belebten Brikettfabrik das Element des Erlebens und der Aktivitäten entstehen. Vorstellbar sind Veranstaltungen und sportliche Betätigungen an Kletterwänden und vieles mehr. Weiter touristische Angebote liegen an der Linie der Römerstraße quer durch den Stadtraum.  

Locus Lucis – Licht Raum

Bei diesem Vorschlag sollen die einzelnen Fragmente der alten Straßenführung durch Veränderung der Perspektive und Kennzeichnung wieder in Gesamtzusammenhang gebrachte werden. Aussichtstürme und Lichtpfosten - sogenannte Nadeln - sollen an zentralen Punkten in der Landschaft aufgebaut werden und die historische Römerstraße nachzeichnen. Die Türme sollen zugleich als interaktive Informationssysteme fungieren, auf denen sich der Besucher Informationen über das vor ihm liegende Panorama verschaffen kann. Aussichtsnadeln und markante Punkte der Städte sollten über Lichtanimation auch im Dunkeln „Strahlwirkung“ erhalten. 

Die alte Römerstraße im Stadt-Raum

Ausgehend von der Vorstellung, Zülpich in seiner historischen Bedeutung herauszustellen, wurde ein Maßnahmenkatalog entwickelt, der beispielhaft auch auf andere Städte der Römerstraße anwendbar sein soll. Die „Bausteine“ dazu sind Architektur, Bäume und Licht in jeweils unterschiedlicher Konzentration und Ausprägung zur Nähe des Stadtraums. Für die Stadt Zülpich soll durch Freistellung bzw. „Entkrautung“ der Stadtmauer und Ausbildung der Raumkante des Ortes die historische Qualität der Stadt wieder deutlich erlebbar werden. Das Weiherntor soll seine Funktion als Stadttor wieder aufnehmen und den Besucher leiten. Die durch den See unterbrochene Römerstraße sollte symbolisch durch einen Steg im See wieder kenntlich gemacht werden. 

Verknüpfungen

Ziel dieser Idee ist es, die unterschiedlich ausgeprägten Straßenabschnitte der Agrippa-Straße durch verschiedene Systeme miteinander zu verknüpfen und in ihrer ganzheitlichen Wahrnehmbarkeit zu stärken. Gestaltungselemente sind Linien, Stelen und Tore. Die visuelle Verknüpfung der Römerstraße mit den umliegenden Anziehungspunkten geschieht durch Sichtfenster auf noch Vorhandenes oder durch „Zeitfenster“, in denen Projektionen die historische Situation wieder erlebbar machen. An strategischen Kreuzungspunkten werden Plätze geschaffen, die als Start für Exkursionen und Spaziergänge dienen sollen und die durch Fahrradstationen, Parkplatz, „Kiosk“ usw. zu touristischen Anlaufstationen werden. Realisierung im Rahmen der Regionale 2010?

Die Aufgabenstellung für das Entwurfsseminar von der Stiftung Deutscher Architekten in Kooperation mit der Regionale 2010 und der Stadt Zülpich entwickelt worden. Mit der sogenannten „Erftstädter Erklärung“ vom 23. Januar 2007 haben sich die Römerstraßen-Anlieger-Gemeinden der Region Köln/Bonn sowie der angrenzenden Kommunen dafür ausgesprochen, die Römerstraße in ihrem historischen Verlauf wieder erlebbar zu machen und in geeigneter Form der interessierten Öffentlichkeit zu vermitteln.

Hans-Ulrich Ruf, Vorstandsmitglied der Stiftung Deutscher Architekten, wies bei der Abschlusspräsentation des Seminars am 28. Oktober in Zülpich darauf hin, dass die Nachwuchs-Architekten sehr überzeugende, in sich schlüssige Konzepte entwickelt hätten. „Dabei handelt es sich zunächst um einen Ideenpool, der genutzt werden kann“, betonte Ruf. Was konkret umgesetzt werde, müsse vor Ort entschieden werden.

Auch Dr. Reimar Molitor, Geschäftsführer der Regionale 2010, zeigte sich von den Ergebnissen des Sommerseminars beeindruckt: „Wir haben eine Vielzahl frischer, unverbrauchter Ideen von jungen Planerteams erhalten“, so Molitor. „Für uns sind das Ansätze, wie wir den Menschen die Augen für die Römerstraße öffnen können.“

Zülpichs Bürgermeister Albert Bergmann nahm die Anregungen der jungen Architekten gerne entgegen. Er hoffe, dass einige der Vorschläge im Rahmen des gemeinsamen Ziels der „Erftstädter Erklärung“ einen Beitrag zur Sicherung und Entwicklung des kulturellen Erbes in der Region leisten könnten. Es sei deutlich geworden, welches Potenzial für die Region in der Römerstraße liege, das es unbedingt zu nutzen gelte. 

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