Kommentar: Ein Stück aus dem Tollhaus!
Seit 1995 wartet unser Berufsstand jetzt schon auf die Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Jetzt liegt der Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) hierfür endlich vor. Doch was sich inhaltlich dahinter verbirgt, kann nur als Provokation der Architektenschaft verstanden werden. - Ein Kommentar von AKNW-Vizepräsident Dr. Christian Schramm.
Liebe Kollegin,
lieber Kollege,
seit 1995 wartet unser Berufsstand jetzt schon auf die Novellierung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Jetzt liegt der Referentenentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) hierfür endlich vor. Doch was sich inhaltlich dahinter verbirgt, kann nur als Provokation der Architektenschaft verstanden werden.
Das Papier enthält all die Zumutungen, die sich schon im Vorfeld abgezeichnet hatten, etwa die Beschränkung des Geltungsbereichs auf die Leistungsphasen 1 - 5 und die Deckelung bei einem Baukostenvolumen von € 5 Mio. Dieses willkürliche Zurückstutzen der HOAI auf einen eng begrenzten Anwendungsbereich ist nicht akzeptabel, weil das gesamte Leistungsbild der Architekten den Charakter geistig-schöpferischer Leistungen hat und insofern preisrechtlich geregelt werden muss.
Ein Nebeneinander von HOAI-geregelten und freien Leistungen wäre zudem völlig praxisfremd. Das Preisrecht für Architektenleistungen ist kein Selbstzweck. Es dient in erster Linie dem Verbraucherschutz. Darum muss die HOAI als bewährte und transparente Orientierungshilfe für Bauherren erhalten bleiben. Das Preisrecht sichert zugleich Architekturqualität und leistet insofern einen unverzichtbaren Beitrag zur Baukultur in Deutschland.
Der Referentenentwurf hat aber nicht nur solche inhaltlichen Schwächen, er weist auch eine Vielzahl handwerklicher Mängel auf. Wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass niemand im Wirtschaftsministerium eine klare Vorstellung vom Beruf des Architekten und dessen Leistungsbild hat. Es ist bezeichnend, dass der Novellierungsvorschlag der Architektenkammern, der seit langem auf dem Tisch liegt und allen Vorgaben des Bundesrates für eine Reform der HOAI genügt, vom Bundeswirtschaftsministerium in keiner Weise berücksichtigt wurde.
Selbst die angeblich zehnprozentige Erhöhung der Tafelwerte, mit der das Wirtschaftsministerium die Architektenschaft „ködern“ will, erweist sich bei genauerer Prüfung als Mogelpackung. Und das, obwohl die Architektenhonorare seit 13 Jahren nicht mehr an die allgemeine Preisentwicklung angepasst worden sind. Unser Berufsstand ist der einzige, der über einen derart langen Zeitraum massive Einkommenseinbußen hat hinnehmen müssen.
Die Architektinnen und Architekten sind unverändert zur Reform der HOAI bereit. Verhandlungen hierüber müssen auf Seiten der Bundesregierung jedoch endlich konstruktiv und mit der erkennbaren Bereitschaft geführt werden, zu einer Lösung zu kommen, die den legitimen Interessen der Architekten Rechnung trägt.
Jetzt ist es höchste Zeit, dass die Diskussion über die Zukunft der Honorarordnung endlich dort statt findet, wo sie hingehört: im politischen Raum. Die Politik muss entscheiden, in welchem Maße sie Planungsleistungen im Interesse des Verbraucherschutzes weiterhin preisrechtlich regeln will.
In dieser Situation geht die AKNW in die Offensive: Sie wird den Architektentag, der am 29. Mai 2008 in den Düsseldorf stattfinden wird, unter das Motto „Die Zukunft der HOAI sichern – Architekten in NRW machen mobil“ stellen. Im Dialog mit den Abgeordneten des Landtags und der Landesregierung wollen wir Problembewusstsein für die prekäre wirtschaftliche Situation der Architekten wecken. Wir wollen zugleich erreichen, dass die Landesregierung im Bundesrat für die Anliegen der Architektenschaft in NRW Partei ergreift.
Zur Teilnahme am Architektentag, an dem Bauminister Oliver Wittke und die Fraktionsspitzen der im Landtag vertretenen Parteien teilnehmen werden, lade ich Sie hiermit ganz herzlich ein. Setzen Sie mit uns gegenüber der Politik ein deutliches Signal, dass der Langmut der Architekten in NRW ein Ende hat!
In diesem Sinne grüßt Sie
Ihr
Dr. Christian Schramm
Vizepräsident der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen
schramm@aknw.de
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